Crowdfunding

Crowdfunding

Interview mit Dr. Jermain C. Kaminski (Universität Maastricht) und Prof. Dr. Christian Hopp (BFH Bern)

Wir haben uns mit Jermain C. Kaminski und Christian Hopp zu Crowdfunding ausgetauscht. Beide Forscher haben in den vergangenen Jahren mit Co-Autoren zu Crowdfunding in international anerkannten Journals publiziert.

Jermain C. Kaminski ist Assistant Professor an der School of Business and Economics der Universität Maastricht. Er unterrichtet und forscht in den Bereichen Technology Entrepreneurship und Innovation. Christian Hopp leitet das Institut für Applied Data Science and Finance an der Wirtschaftsfakultät der BFH Bern. Seine Forschungsschwerpunkte sind Entrepreneurial Finance, Digital Finance und Innovationsfinanzierung.

Gründerköppe: Welche Bedeutung kann man Crowdfunding derzeit bei der Finanzierung von Start-ups beimessen und welche Unternehmen sind besonders geeignet für Crowd-funding? Welche Relevanz für dieses Finanzierungsinstrument ist in den kommenden Jahren zu erwarten?

Jermain Kaminski: Im Unternehmenskontext gilt es zunächst zwei Crowdfunding-Typen zu unterscheiden: ‚Reward-Based Crowdfunding‘ und ‚Equity-Based Crowdfunding‘. Im Reward-Based Crowdfunding dient ein Investment in der Regel dazu, das ange-zielte Produkt vorzubestellen. Beispiel: Ein Team von jungen Technikern hat einen innovativen 3D-Drucker entwickelt und startet eine Crowdfunding-Kampagne, um die erste Version ihres künftigen Druckers produzieren zu können. Die Unterstützer des Crowdfundings erhalten – je nach Investitionssumme – einen oder mehrere 3D-Drucker der ersten Stunde. Insgesamt hat das Reward-Based Crowdfunding zwei wesentliche Vorteile für Gründer: Da Vorbestellung und Produktion zeitlich einhergehen, haben Gründer ein kalkulierbares Risiko und erkennen sofort, ob Nachfrage nach ihrem Produkt besteht oder nicht. Zweitens müssen sie zunächst keine Anteile abgeben, und behalten so die volle Kon-trolle über ihr Unternehmen – so zumindest in der Pre-Seed- und Seed-Phase.

Christian Hopp: Weiter gibt es noch Equity-Based Crowdfunding, hierbei werden Investoren am jährlichen Gewinn (und Unternehmenswert) beteiligt, sowie das ‚Donation-Based Crowdfunding‘, hierbei handelt es sich in der Regel um eine Form der Spende für gemeinnützige Ideen. Unsere Forschung konzentriert sich auf erst-genannte Reward-Based Crowdfunding, was in den letzten Jahren stark an Popularität gewonnen hat. Nur um ein Beispiel zu nennen: Die größte Reward-Based Crowdfunding-Plattform ‚Kickstarter‘ hat seit 2009 von 7 m+ Menschen insgesamt 6,5 USDbn eingesammelt, die in 219 k+ erfolgreiche Projektideen geflossen sind. Davon entfallen in etwa 4,5 USDbn auf Projekte im Bereich Technologie, Gaming und Product Design, die den üblichen Startup-Kategorien am nächsten kommen. Man sollte schon sagen, dass es hier im wahrsten Sinne auch viel „Spielerei“ gibt, zum Beispiel erhebliche Summen für neue Brettspiele – gleichzeitig finden sich aber auch Projekte wie Oculus Rift, das VR-Brillen Startup, das nach einem erfolgreichen Funding bei Kickstarter von Facebook akquiriert wurde, die der Apple Watch vorausgehende SmartWatch Pebble, mit 30 USDm+ an Investment in zwei Crowdfunding-Runden, sowie zahlreiche erfolgreiche 3D-Drucker-Kampagnen, in die insgesamt 50USDm+ geflossen sind.

GK: Was sind aus eurer Sicht die Faktoren für eine erfolgreiche Finanzierungsrunde mittels Crowdfunding?

JK: Da sich Crowdfunding mit den transparent abrufbaren Projektseiten zu ei-nem offenen Labor für Innovationsforschung entwickelt hat, kann man hierzu viel sagen. Um ein paar praktische Beispiele aus der eigenen Forschung herauszugreifen: Zum einen ist Gründern zu empfehlen, nicht wie bei manchen Pitch Contests mit einer reinen Idee an den Start zu gehen, sondern zunächst Fakten zu schaffen. Konkret heißt das: Einen Prototyp entwickeln und dem potenziellen Kunden zeigen und erklären, wie dieser funktioniert und für welchen Zweck er gebraucht werden kann. Reine Ideen, Illustrationen und eher typische Business Pitches sind nicht sehr erfolgreich in der Crowd.

CH: In der Kaufpsychologie spielt auch die psychologische Distanz zu einem Pro-dukt eine große Rolle. Insbesondere im Crowdfunding, wo wir mit dem Endprodukt zum Zeitpunkt der Kaufentscheidung im Prinzip nur auf dem Bildschirm entgegentreten, nutzen wir mentale Modelle, um uns die Nutzung des Produkts vorzustellen. Je plastischer und greifbarer ein Produkt beschrieben und gezeigt wird, je erkennbarer fortgeschritten es in der Marktreife ist, desto größer sind die Erfolgswahrscheinlichkeiten. Wenn man so möchte, ist dies das Äquivalent zum „Demo Day“ bei Frühphasenfinanzierung mit VCs, wo in der Regel auch eher funktionierende Produkte gezeigt werden. Ein weiterer Faktor, der die Kaufentscheidung auch begünstigt, ist, dass das Produkt in den nächsten Wochen oder Monaten geliefert werden kann.

GK: In welchem Verhältnis steht Crowdfunding zu ‚traditionelleren‘ Formen der Start-up-Finanzierung, beispielsweise Venture Capital? Wie kann die Funding Journey nach einer erfolgreichen Crowd-Finanzierung für ein junges Technologieunternehmen weitergehen?

JK: Zunächst einmal sollte man betonen: Es wäre von Crowdfunding abzuraten, wenn das Ziel lautet, im ersten Versuch gleich 500 EURk einzuwerben. Die meis-ten Kampagnen setzen sich bescheidenere Ziele von 50 EURk aufwärts, und werden – wenn das Produkt überzeugt – dann auch nicht selten um ein vielfaches überfinanziert. Sowohl aus einer erfolgreichen – wie auch aus einer erfolglosen – Kampagne können sich natürlich entsprechende Effekte für die Folgefinanzierung ergeben.

Crowdfunding scheint zudem gut geeignet, um Investment-Trends bei kurz- bis mittelfristigen VC-Investments zu bestimmen. Hier liegen zum einen makroökonomische Trends zugrunde, die sowohl Crowd als auch VC betreffen, aber wir wissen aus der Praxis auch, dass VC und CVC den Crowdfunding Markt durchaus beobachten und in Entscheidungen berücksichtigen. Es gibt zudem Erkenntnis-se, die darauf hindeuten, dass Crowdfunding den Markt des Seed Capital zu-mindest demokratisiert, indem Innovationsfinanzierung auch außerhalb der üblichen Technologiezentren verfügbar ist. Somit ist zu hoffen, dass zukünftig mehr Ideen ortsunabhängig entstehen können, nicht jedes Start-up muss zwingend nach Palo Alto, Paris, Amsterdam oder Berlin.

CH: Von ‚Crowding-Out‘, d.h. der Verdrängung bestehender VC-Finanzierung im Seed-Bereich, zu sprechen ist noch zu früh, da für manche Deep Tech und eher softwaretypischen Gründungen Reward-Based Crowdfunding ungeeignet scheint. Man darf Investoren im Crowdfunding aber durchaus keine Naivität unterstellen, denn die Forschung zeigt, dass Crowdfunder die Güte – gezeigt am Beispiel von Kunst/Theater – so gut abschätzen wie Experten. Weiter möchten wir auch darauf hinweisen, dass Frauen mit Technologieideen im Crowdfunding überdurchschnittlich erfolgreich sind. Hier kommt das Phänomen der „activist choice homophily“ zu tragen, was besagt, dass Frauen gerne andere Frauen in eher typischen Männerdomänen unterstützen. Sofern ist schön zu sehen, dass Crowdfunding auch die Kraft hat, mögliche Gender Biases zu verringern.

GK: Vielen Dank, Jermain, vielen Dank, Christian, für eure Zeit und die spannenden Einblicke!

Quellen/weitere interessante Inhalte

  • Rose, S., Wentzel, D., Hopp, C. & Kaminski, J. (2021). Launching for success: The ef-fects of psychological distance and mental simulation on funding decisions and crowdfunding performance. Journal of Business Venturing, 36(3)
  • Kaminski, J. & Hopp, C. (2020). Predicting outcomes in crowdfunding campaigns with textual, visual, and linguistic signals. Small Business Economics, 55(4)
  • Kaminski, J., Hopp, C. & Tykvova, T. (2019). New technology assessment in entre-preneurial financing – Does crowdfunding predict venture capital investments? Technological Forecasting and Social Change, 139
  • Mollick, E., & Nanda, R. (2016). Wisdom or madness? Comparing crowds with ex-pert evaluation in funding the arts. Management Science, 62(6)
  • Sorenson, O., Assenova, V., Li, G. C., Boada, J., & Fleming, L. (2016). Expand innova-tion finance via crowdfunding. Science, 354(6319)
Diaspora Entrepreneure und das Berliner Start-up Ökosystem

Diaspora Entrepreneure und das Berliner Start-up Ökosystem

„Diaspora Entrepreneure‟ (DE) – Ausländer, die eine gewisse emotionale Verbindung zu ihrem Ursprungsland aufrecht erhalten (Safran, 1991) – haben eine starke Präsenz in erfolgreichen Start-up-Ökosystemen. Seit 2014 werden in Berlin 50%+ aller Start-ups von Ausländern gegründet – im Silicon Valley war diese Quote sogar bereits in 2005 erreicht. Bezieht man zusätzlich inländische Wanderungen mit ein – wie es bspw. OMR-Redakteur Florian Rinke in seinem Buch „Silicon Rheinland‟ tut – sollte der Anteil von ‚Nicht-Berlinern‘ am Berliner Ökosystem noch wesentlich höher sein.

DEs bringen zwei erfolgsversprechende Charakteristika mit: „Mixed Embeddedness‟ – d.h. das Eingebundensein sowohl in Netzwerken des Herkunftslands als auch des Wohnsitzlands (Kloostermann et al., 1999) – und „Bi-Focality‟ – d.h. das Besitzen eines anderen kulturellen Hintergrunds, welcher DEs erlaubt Problemstellungen in einem Markt aus einem anderen Blickwinkel betrachten zu können oder Chancen zu sehen, die unsichtbar für Inländer sind (Rouse, 1992).

Diese Eigenschaften wirken positiv auf das aufnehmende Start-up-Ökosystem, da sie den bestehenden Ressourcenpool verbessern (‚capital reinforcement‘) oder mit anderen Ressourcenpools verbinden (‚capital interweaving‘):

  • DEs – die i.d.R. eine gute akademische Ausbildung und unternehmerische Vorer-fahrung mitbringen – erhöhen selbst das Humankapital des aufnehmenden Ökosystems (‚brain gain‘)
  • Durch ihre Kontakte zu Universitäten und Forschungseinrichtungen werben sie weiteres Humankapital (Co-Founder, Mitarbeiter) ein
  • Sie ziehen ‚ausländisches‘ Finanzkapital an, bspw. über persönlich bekannte In-vestoren oder öffentliche Förderprogramme ihres Heimatlands
  • Ihr ‚Heimatmarkt‘ bietet eine ideale Grundlage für die Skalierung und Internatio-nalisierung ihres Start-ups, da sie dessen Besonderheiten kennen und auf ihre dortigen Netzwerke zurückgreifen können
  • DEs entwickeln die Start-up-Kultur des aufnehmenden Ökosystems weiter, da sie generell risikofreudig sind (immerhin haben sie sich entschieden in einer für sie fremden Umgebung zu gründen) u. Problemstellungen mit anderen Augen sehen als ‚Inländer‘ (s.o., „Bi-Focality‟)

Wandern von Human Ressourcen und Finanzkapital

Konkret bedeutet dies bspw.:

  • Die Samwer-Brüder (gebürtige Kölner) gründen Alando – eher durch Zufall – in Berlin und verkaufen das Unternehmen relativ kurzfristig an eBay
  • Nach Gründung und Verkauf von Jamba! ziehen sie mit Rocket Internet und dem European Founders Fund einen Akzelerator und eine eigene VC-Gesellschaft hoch, die u.a. in Delivery Hero, HelloFresh, Home24, Westwing und Zalando investieren
  • Durch ihre guten Kontakte zu Oliver Samwers Alma Mater, der rheinland-pfälzischen WHU, versorgen sie Neugründungen stetig mit hochqualifiziertem Personal – das nach einiger Zeit in den Portfoliofirmen selbst als Gründer, Business Angel, VC-Investor (bspw. Project A) tätig wird
  • Durch das klare Herausbilden einer ‚deutschen Start-up-Hauptstadt‘ bauen bspw. nordrhein-westfälische Unternehmen ihre Akzelerator- oder CVC-Arme in Berlin und nicht an ihrem Stammsitz auf; ebenso investieren viele vermögende Familien der alten Bundesrepublik in die von den Samwers geschaffenen Vehikel
  • Die steigende Anzahl von ‚Success stories‘ erhöht kontinuierlich die Anzahl von Gründungswilligen und Start-ups, Akzeleratoren und Inkubatoren sowie Kapitalgebern – teils ehemalige Gründer, teils ‚institutionelle‘ Business Angels, CVC und VC-Fonds – und führt schließlich zu einem ‚selfsustaining eco-system‘ – mit dem Ergebnis, dass zu den größten Arbeitergebern Berlins heute diverse Unternehmen gehören, die von den Samwers mitaufgebaut und/oder finanziert wurden

Was zunächst im innerdeutschen Kontext funktioniert hat, erfolgt nun zunehmend auch international: der Erfolg von SoundCloud hat dem Berliner Ökosystem nicht nur 500+ USDm Funding von größtenteils internationalen Kapitalgebern eingebracht, sondern insbesondere einen Zustrom von skandinavischen Gründern beschert.

Erkenntnis für Regionen

  • Bewusstsein für die Bedeutung von DEs für lokale Start-up-Ökosysteme entwi-ckeln und gezielt Programme entwickeln (bspw. Gründungsstipendien, kosten-freie Sprachkurse), um diese anzuwerben und zu halten

Quellen/weitere interessante Inhalte

  • www.ihk-berlin.de
  • Baron, T. & Harima, A. (2019). The role of diaspora entrepreneurs in start-up eco-system development – a Berlin case study. International Journal of Entrepreneurship and Small Business, 36,1/2
  • Kloostermann, R., van der Leun, J. & Rath, J. (1999). Mixed embeddedness: (In)formal economic activities and immigrant business in the Netherlands. In-ternational Journal of Urban and Regional Research, 23(2)
  • Rinke, F.: Silicon Rheinland – Wo die Wiege der deutschen Start-up-Szene wirklich liegt, Redline, München
  • Rouse, R. (1992). Making sense of settlement: class transformation, cultural struggle, and transnationalism among Mexican migrants in the United States. Annals of the New York Academy of Sciences, 645(1)
  • Safran, W. (1991). Diasporas in modern societies: myths of homeland and return, Diaspora: A Journal of Transnational Studies, 1(1)
„Write code and talk to customers‟

„Write code and talk to customers‟

Unsere Erkenntnisse von Y Combinator

Y Combinator (YC) gilt als einer der erfolgreichsten Inkubatoren/ Seed-Stage-VC-Funds in den USA – das Unternehmen hat bis heute 3.000+ Start-ups finanziert/ mitgegründet, u.a. AirBnB, Docker, DropBox und Twitch und einen kombinierten Portfoliowert von 600+ USDbn erreicht. Der von Paul Graham (PG) gegründete Akzelerator wird ebenso in einschlägigen akademischen Rankings (Seed Accelerator Rankings Project) kontinuierlich zu den Top-Programmen in den Vereinigten Staaten gezählt.

Während sich mittlerweile Inkubatoren/ Fonds etabliert haben, die bewusst vom YC-Modell abweichen (Mucker), ist es weiterhin die Grundlage für viele ähnliche Unter-nehmungen weltweit.

Wesentliche Charakteristika sind:

  • Regionaler Fokus (Silicon Valley)
  • Dreimonatiges ‚Bootcamp‘ mit einem umfangreichen Mentoring-Angebot, das auf einen Prototype- oder Demo-Day hinarbeitet
  • Zwei Batches pro Jahr, so dass eine Gruppe von Start-ups entsteht („Batchmates‟), die sich gegenseitig unterstützt
  • Ein aktives Alumni- und Partnernetzwerk
  • Ein wöchentlicher Touchpoint (bspw. ein gemeinsames Essen oder eine Key Note Speech zu einem ausgesuchten Thema), der insbesondere den Ansporn innerhalb des Batches erhöht von Woche zu Woche Ergebnisse zu erzielen

Ziel für Start-ups nach der Zeit bei YC ist es, etwas erstellt zu haben (bspw. ein Minimum Viable Product), mit dem sie bereit für eine Finanzierungsrunde oder (in seltenen Fällen) Akquisition sind.

Wir haben unsere persönlichen Erkenntnisse aus dem YC-Programm einmal für euch aufgeschrieben:

Für Startups und Gründer

  • „Write code and talk to customers‟ (PG): Fokussiere dich auf die Produk-tentwicklung und auf den Aufbau von Kundenkontakten – überlasse administra-tive Dinge Anderen („Fundraising is just this tedious errand to be got over with as quickly as possible‟ (PG))
  • Setze dir messbare (wöchentliche) Ziele (‚you make what you measure’)
  • Gehe möglichst früh in den Markt und sammle Feedback ein (‚if you are not embarrassed of the first version of your product, you have launched too late’)
  • Vertraue dich neben einem oder mehreren Mentoren, einem Moderator/ Mediator an, der dir durch die schwierigen Phasen der Gründung helfen kann

Für Regionen und Inkubatoren

  • ‚Lite Curriculum‘: Schaffe ein Umfeld, in dem sich Gründer auf die Entwicklung ihres Produkts konzentrieren können, anstatt sie mit ‚nice-to-know‘-Inhalten (bspw. Coachings zu OKR, Corporate Culture oder Finanzierung) abzulenken
  • ‚Founder-friendly financing‘: Ermögliche Gründern über eine entsprechende Fi-nanzierungs- und Governancestruktur (bspw. eine kleine Eigenkapitalinvestition kombiniert mit einer größeren Wandelschuldverschreibung, keine Board-Seats) ein für sie lohnendes Risiko einzugehen
  • Gib möglichst vielen Gründern über kleine Investitionen eine Chance sich zu beweisen, anstatt viele Ressourcen in wenige Ausgesuchte zu investieren („the only effective way of determining who does excel is by having lots of people try‟ (PG))
  • Jede Stadt/Region kann Start-up-Hub werden – es braucht dafür nur eine kleine Anzahl an aktiven Treibern und eine generelle Toleranz gegenüber Unbotmäßigkeit („unruliness‟) und Merkwürdigkeit („oddness‟), die das Hacker-Umfeld mit sich bringt

Quellen/weitere interessante Inhalte

Goldbeck

Goldbeck

Die Erbauer des Founders Home

Mit einer Gesamtleistung von 4,1 EURm und 8.500 Mitarbeitern ist GOLDBECK das größte deutsche Bauunternehmen in Familienhand und Marktführer für Gewerbebau in Europa. Das Unternehmen ist insbesondere in den letzten 15 Jahren rasant gewachsen (was u.a. zu einer Vervierfachung der Mitarbeiterzahl geführt hat); diese Entwicklung geschah in einer Zeit, in der ehemalige deutsche Branchengrößen Insolvenz anmelden mussten (Philipp Holzmann, Walter Bau), übernommen wurden (Hochtief) oder sich zu Dienstleistungsunternehmen (Bilfinger) transformiert haben. GOLDBECK hat sich dabei von einem klassischer Stahlbauer zu einem Anbieter schlüsselfertiger Gewerbeimmobilien aus flexiblen, vorproduzierten Systemelementen (‚Lego-Technik für Erwachsene‘) gewandelt und hat mit diesem Ansatz das Bauen schneller, effizienter, kostengünstiger und nachhaltiger gemacht.

Die Bielefelder waren das erste Bauunternehmen im Silicon Valley, welches bereits heute in wesentlichen Bereichen des Construction Tech (wie bspw. Building Information Modeling) vorne mitspielt und dem – von Softbank finanzierten – Off-Site-Bauunternehmen und LinkedIn ‚Top-Start-up‘ KATERRA als Blaupause diente. Das Selbstverständnis ist es, mehr Technologie-Unternehmen als klassisches Bauunternehmen zu sein. Mit dem (Teil-)Bau von Teslas Gigafactory in Grünheide haben die Ostwestfalen zudem gezeigt, dass Deutschland noch Großprojekte realisieren und mit der Geschwindigkeit eines Elon Musk mithalten kann.

 Der Gründer, Ortwin Goldbeck, schuf 1984 eines der ersten Programme zur Beteilung von Mitarbeitern am Eigenkapital des Unternehmens (d.h. nicht nur eine variable Gewinnbeteiligung, sondern eine echte Beteiligung am Risikokapital für alle Mitarbeiter, die nicht nur Top-Führungskräften vorbehalten ist), deutlich bevor diese im deutschen Start-up-Kontext gängig wurde. Nach dem Ausüben diverser Ehrenämter (u.a. als Vorsitzender des Verwaltungsrats der von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel) stiftete er ein Kunstforum zu Ehren des Bielefelder Expressionisten Hermann Stenner, welches auch von dem von der Bertelsmann Stiftung initiierten Inkubator, ‚Founders Foundation‘, genutzt wird. Einer der seltenen Ort also, den sich Wirtschaft u. Kultur teilen.

Ortwin Goldbeck zeichnet aus, dass er stets den Drang verspürt hat visionär zu gestalten und seine Branche weiterzuentwickeln. Dass dieses Credo unter seinen Söhnen als 2. Generation konsequent weitergeführt wird (wobei sich der Veränderungswille vielleicht sogar noch erhöht hat), ist eine große (und nicht unbedingt selbstverständliche) Leistung für ein Familienunternehmen, welche auch durch diverse Auszeichnungen anerkannt wurde (bspw. INTES/ PwC Familienunternehmen des Jahres).

 Wir haben unsere persönlichen Erkenntnisse zur ‚Gründungsgeschichte‘ von GOLDBECK und zum Gründer einmal für euch zusammengefasst:

Für Start-ups und Gründer

  • Zu den ersten Ankerkunden von GOLDBECK gehörte die schnellwachsende Nagel-Group (Lebensmittellogistik) aus dem unweit entfernten Versmold. Die Idee des ‚Lego-Prinzips‘ auf dem Bau wurde u.a. von Heinz Schürmann, Gründer des Bielefelder Fenster u. Fassadenbauers, Schüco, mitentwickelt. Das heißt: Es ist von Vorteil von einem starken regionalen Ökosystem/ Cluster aus Top-Unternehmen zu profitieren und mit ihm wachsen zu können, bevor man deutschland-, europa- oder weltweit expandiert
  • Unternehmer (in jeglicher Industrie) müssen in der Lage sein, Sinn zu stiften zu inspirieren („Ein Unternehmer sollte ein optimistischer Mensch mit visionärer Kraft sein, der anderen etwas vor Augen führt, das im Moment überhaupt nicht machbar erscheint‟ (Ortwin Goldbeck))

Quellen/weitere interessante Inhalte

  • foundersfoundation.de
  • goldbeck.de
  • intes-akademie.de
  • kunstforum-hermann-stenner.de
  • Meck, G. (2021). Vertrauen ist besser: Ortwin Goldbeck – eine Unternehmerbiografie, Herder: Freiburg.
Finanzierungs-Case Study: NEOCARGO

Finanzierungs-Case Study: NEOCARGO

Finanzierungs-Case Study: NEOCARGO – die neutrale digitale Plattform für mittelständische Speditionsunternehmen

Die mittelständisch geprägte Logistikbranche in Deutschland muss seit Jahren vielfältigen Herausforderungen begegnen: das Zielbild des CO²-neutralen Transports, die durch Pandemie und Krieg strapazierten Lieferketten und der daraus resultierende Preisdruck auf Fuhrpark und Betriebsmittel (bspw. Diesel oder Paletten) belasten die Kostenseite, während Digital-Only-Player – wie Sennder, Instafreight und Forto – die Konkurrenzsitua-tion erhöhen.

In diesem Marktumfeld hat NEOCARGO Ende letzten Jahres erfolgreich eine Pre-Seed-Finanzierung von 2 EURm abgeschlossen. Unsere gemeinsame Reise umfasste insbesondere die Liquiditäts- und Finanzplanung, die Entwicklung der Equity Story und die Marktansprache sowie den Aufbau des Finanzbereichs.

NEOCARGO möchte eine digitale, neutrale Plattform aufbauen, die Dienstleister und Kunden der Logistikindustrie verbindet und die Grundlage für die Nutzung von Daten und digitale Plattform-Services ist. Standardisierte Dateninfrastrukturen und Schnittstellen sollen dabei zunächst den automatisierten Austausch von Auftragsdaten zwischen regelmäßig zusammenarbeitenden Speditionen ermöglichen. Danach sollen digitale Drittanbieter – wie Anbieter von Tracking- oder Prognose-Tools – angeschlossen werden, insbesondere um den aufbereiteten Datenhaushalt zu analysieren, zu visualisieren oder Kunden aufbereitet als smarte Zusatzleistung zur Verfügung zu stellen. In weiteren Schritten können spezialisierte Dienstleister, beispielweise Ladungsträgerhändler, eingebunden werden.

Kunden der NEOCARGO können also ihre Wirtschaftlichkeit erhöhen, indem sie auf Papier, Fax oder Telefon basierende Prozesse automatisieren. Gleichzeitig können sie Effi-zienzen durch das Reduzieren von Leerkapazitäten heben, welche nach gängigen Schätzungen noch rund 1/3 der Gesamtkapazitäten ausmachen.

Die Finanzierungsrunde weist insbesondere zwei Besonderheiten auf, die in anderen Finanzierungssituationen interessante Alternativen zum ‚Marktstandard‘ sein können:

Für Start-ups und Gründer

  • Die Gründung erfolgte in der Rechtsform der AG (anstelle der im Start-up-Umfeld gängigen GmbH oder UG) – es wurden vinkulierte Namensaktien ausgegeben und eine Obergrenze für Einzelaktionäre definiert
  • Das Kapital wurde von einer großen Gruppe strategischer Investoren (20+ Spedi-teure und 10+ Transportmanagementsystem -Anbieter) gestellt, die ebenfalls Pi-lotkunden der NEOCARGO sind – eine Finanzierung über Finanzinvestoren oder Business Angels erfolgte (zunächst) nicht

Im Ergebnis ist die Neutralität von NEOCARGO sichergestellt (da es keinen dominieren-den Eigentümer geben kann). Die Kunden des Unternehmens sind gleichzeitig seine (Minderheits-)Eigentümer und haben damit ein besonderes Interesse an seiner Ent-wicklung. Zusätzliche Kunden/ Eigentümer können weiterhin flexibel ergänzt oder aus-getauscht werden.

Das Marktumfeld des Unternehmens verspricht dynamisch zu bleiben, da auch wesent-liche etablierte Player Antworten auf die oben genannten Herausforderungen gesucht und gefunden haben. Das Speditionsnetzwerk CargoLine etwa initiierte Anfang 2021 mit Cargo Digital World einen Company Builder in Paderborn, der seine eigene digitale Spedition (CargoBoard) sowie Tracking- und digitale Fulfillment-Lösungen (CargoCast, Warenspace) hervorgebracht hat. Schenker bündelte Ende 2021 seine bestehenden Corporate Venture Capital-Aktivitäten im „Founding & Funding-Partner“ Schenker Ventures und investierte zuletzt in Warehousing1. Dachser und Rhenus gründeten – ebenfalls Ende letzten Jahres – mit weiteren hochkarätigen Partnern die Open Logistics Foundation, die digitale Industrie-Best-Practices in einem ‚Repository‘ open-source zur Verfügung stellt und Digitalisierungsprojekte im Stifterkreis durchführt.

Wir wünschen NEOCARGO – in diesem spannenden Umfeld – viel Erfolg bei den weiteren Schritten und bedanken uns für die gemeinsame Zeit!

Quellen/weitere interessante Inhalte

www.cargodigitalworld.com
www.neocargo.de
www.openlogisticsfoundation.org
www.schenker-ventures.com